Lesermail zum Artikel „Gemeinderat leitet Aufklärung ein“

Sehr geehrte Frau Erb, sehr geehrter Herr Dr. Erb,

ja, ich teile Ihre Enttäuschung, den Ablauf der Sitzung hatten wir uns auch anders vorgestellt.

Ich möchte Ihnen zunächst gerne die Chronologie darlegen. In der Oktober-Sitzung des Gemeinderates wurde der Beschluss gefasst, dass die Rechtskosten, die der Vorfall am See nach sich gezogen hat, von der Verwaltung zusammengestellt und dem Gemeinderat vorgestellt werden. Ich wurde beauftragt, das zu begleiten.

Am nächsten Tag, das war der 27. Oktober 2021, habe ich per Mail eine Anfrage an die Kommunalaufsicht geschickt, um zu klären, in welcher Form die Bekanntgabe der Zahlen an den Gemeinderat erfolgen kann.

Einen Tag später erhielt ich telefonisch eine Auskunft der Kommunalaufsicht (sehr gerne können Sie dies bei der Kommunalaufsicht im Landratsamt Freising erfragen): Die Bekanntgabe des Zahlenwerks darf nicht öffentlich erfolgen. Und von einer Bekanntgabe über unser Ratsinformationssystem, die ich ebenfalls angefragt hatte, wurde mir dringend abgeraten.

Aus diesem Grund war für mich klar, dass eine nicht-öffentliche Sondersitzung die beste Möglichkeit ist, um die Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates zur informieren.

Als mir bei der Einsicht in die Bücher klar wurde, dass die Betrachtung mit all den juristischen, versicherungs- und verwaltungstechnischen Aspekten sehr komplex sein würde und der Fall im Hinblick auf mögliche Erstattungen noch nicht abgeschlossen ist, hielt ich es für geboten, dass mein Auftrag erweitert werden und nicht zuletzt aus Transparenzgründen von einem paritätisch besetzten Ausschuss begleitet werden müsste.

Das führte dazu, dass auch ein öffentlicher Teil unserer Sondersitzung geplant wurde, in dem diese Vorgehensweise diskutiert und beschlossen werden sollte. Zudem sollte die Berichterstattung der Rechercheergebnisse im Hinblick auf die Kanzlei erfolgen (vgl. Sachvortrag von Herrn Eckert).

Die Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats habe ich am 4. November 2021 per Mail darüber informiert, dass das Zahlenwerk aus rechtlichen Gründen nur nicht-öffentlich dargestellt werden darf.

Nun möchte ich gerne auf einzelne Aussagen in Ihrem Leserbrief eingehen:

  • Herr Bartl wusste, dass die Zahlen aus rechtlichen Gründen nur im nicht-öffentlichen Teil unserer Sitzung präsentiert werden würden. Die sehr langatmige Diskussion und die eingeschobene nicht-öffentliche Beratung sind für mich daher nicht nachvollziehbar.
  • Sie sagen, ich wäre vollständig mit meiner Aufgabe überfordert gewesen. Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Das mir absolut unverständliche Ansinnen der CSU, mich zum Rechtsbruch aufzufordern und die Zahlen öffentlich darzulegen, hat mich komplett überfordert. Zumal Herr Bartl schier unendlich diese Forderung wiederholte.
  • Sie fordern, dass öffentlich über Zahlen gesprochen wird, weil sie sowieso schon in den Medien zu finden sind. Die Tatsache, dass regelmäßig Interna an die Öffentlichkeit gelangen, ist für uns kein Freibrief, ebenfalls das Recht zu verletzen.
  • Ich bin nicht die Controllerin der Gemeinde. Ich bin nicht die Oberaufsicht unseres Bürgermeisters. Ich bin ehrenamtliche Abwesenheits-Vertretung und habe aus diesem Grund nur dann Einblick in die Abläufe, wenn ich Herrn Thaler im Rathaus vertrete. Meine Aufgabe ist es somit nicht, per se zu überprüfen, wie Arbeitsprozesse abgewickelt werden.
  • Unsere Kanzlei wird sich rechtfertigen müssen. Ich halte es aber für absolut falsch, ja sogar unanständig, unseren Rechtsanwälten, die uns bisher sehr erfolgreich begleitet haben, ohne die Chance, sich zu erklären, den Stuhl vor die Tür zu stellen.
  • Eine Klausurtagung war alleine schon deshalb angebracht, weil der Haushalt vorberaten wurde und dies sehr viel Zeit erfordert. Die Klausur bietet dafür den perfekten Rahmen. Die ordnungsgemäße Sacharbeit muss selbst im Angesicht der derzeitigen Herausforderungen in unserer Arbeit immer gewährleistet sein.
  • Sie monieren, dass der Wohnungskauf nicht zur Sprache kam. Das war nicht das Thema der Sitzung.
  • Ich verschließe die Augen nicht vor dem, wie Herr Thaler agiert. Sein Schweigen halte ich für einen sehr großen Fehler. Aber es ist nicht an mir, sein Vorgehen zu beurteilen und einzuordnen.

    Ich erwarte, dass die Staatsanwaltschaft die juristische Aufklärung liefert. Und ich erwarte, dass Herr Thaler selbst zu den moralischen Aspekten Stellung nimmt. Ich möchte die Aussagen der beiden Seiten nicht antizipieren, weil mir das nicht zusteht. Wenn Sie das so deuten möchten, dass wir weiterhin auf einem toten Pferd reiten, dann ist das Ihr gutes Recht.
  • Unsere Krise hat die Dimension der Aufgabenerfüllung im Bürgermeisteramt längst gesprengt, deshalb halte ich es keineswegs für unangebracht, auch Aspekte jenseits der Sachlichkeit zu betrachten.
  • Menschlichkeit vermisse ich in unserer Gesellschaft an vielen Stellen. Sie können mir sehr gerne den Stempel der Naivität verpassen. Aber das wird meine Einstellung und meine Haltung nicht verändern. Ich möchte niemals den Blick für den Menschen, der mir gegenübersteht, verlieren. Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Wenn wir die Facetten dazwischen ignorieren, laufen wir Gefahr, in unserem Unverständnis für den anderen die Verständigung und den Austausch zum Erliegen zu bringen.
  • Herr Thaler muss sich den Vorwürfen stellen und wird je nach Beurteilung des Sachverhalts entsprechende Konsequenzen erfahren. Die Konsequenzen eines massiven Vertrauensverlusts muss er schon jetzt hinnehmen. Und ich kann verstehen, dass aufgrund der Dinge, die in der Öffentlichkeit bekannt sind, die Empörung groß ist. Aber ich werde nicht aufhören zu mahnen, dass bei allem die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss.
  • Sie sagen, für unsere zögerliche Haltung werden wir bei der nächsten Wahl die Quittung bekommen. Damit haben Sie sicherlich recht. Aber jetzt auf mögliche Wahlergebnisse zu schielen und daran unser Verhalten auszurichten, hielte ich für absolut unanständig.

Ich für meinen Teil kann nur sagen: ich hänge an meinem Amt, weil mir die Arbeit und die Inhalte Spaß machen und ich darin sehr viel Sinn sehe. Aber ich hänge nicht am Titel dieses Amtes. Wenn ich aufgrund der hohen Wogen dieser Krise politisch jeglichen Halt verliere, dann soll das so sein. Aber ich werde immer so agieren, wie ich es nach meinen Grundsätzen für richtig halte und mich nicht danach orientieren, ob ich wiedergewählt werde.

Wir haben – zusammen mit Grünen und BfE/EM/ödp – Herrn Thaler 2016 zu unserem Bürgermeisterkandidaten gemacht. Und das nicht ohne Grund. Vieles an ihm hat uns überzeugt, dass er für dieses Amt sehr gut geeignet ist.

Momentan ist er massiv angeschlagen und – wie schon mehrfach betont – müssen alle Vorwürfe aufgeklärt werden.

Dass Herr Thaler sich aktiv an der Aufklärung beteiligt, dazu haben wir ihn öffentlich aufgefordert.

Zum Schluss sei noch erwähnt:

  • Der Bürgersaal ist aus Corona-Gründen zu unserem Sitzungssaal geworden. Die technische Ausstattung ist daher nicht auf den Sitzungsbetrieb ausgelegt. Die Kolleginnen und Kollegen sollten generell bei ihren Wortmeldungen die beiden Standmikrofone nutzen. Einen Beamer gibt es selbstverständlich. Aber was hätte ich an die Wand werfen sollen? In der öffentlichen Sitzung gab es keine Inhalte, die mit Bildern besser zu verstehen gewesen wären.
  • Rederecht für Besucher gibt es in keiner Gemeinderatssitzung. Auch das ist rechtlich geregelt. Das haben nicht wir uns nicht speziell für diese Sitzung ausgedacht.

Grundsätzlich kann ich Ihren Leserbrief nachvollziehen und ich kann Sie gut verstehen. Im Grunde wollen wir ja das Gleiche: Dieser unselige Zustand muss ein Ende haben. 

Mit vielen Grüßen
Stefanie Malenke, Zweite Bürgermeisterin

2 Lesermails

  1. Sehr geehrte Frau Malenke,

    wie verträgt sich denn die ehrenamtliche Abwesenheitsvertretung mit der Auftragsvergabe an den Schwager des Bürgermeisters, wenn dieser gleichzeitig anwesend ist?

    Sie verweisen auf die mangelnde Menschlichkeit an vielen Stellen unserer Gesellschaft. Es stellt sich jedoch die Frage, ob Ihr humanitärer Ansatz geeignet ist, Korruption und Rücksichtslosigkeit zu beenden.

    Mit freundlichen Grüßen
    Ingrid Brandstetter

  2. Sehr gut, liebe Frau Malenke, dass Sie darauf hinweisen, dass Besucher (Bürger) bei Gemeinderatssitzungen kein Rederecht haben. So funktioniert nun mal eine parlamentarische Demokratie: Die gewählten Volksvertreter reden und entscheiden für die Bürger.

    Man stelle sich nur einmal vor, dass Besucher des Deutschen Bundestags mitreden oder reinquatschen dürfen. Das Ergebnis der Parlamentssitzungen dürfte so ausgehen wie die Plenarsitzungen in der Weimarer Republik, nämlich Handlungsunfähigkeit (mit den bekannten Folgen, die sich hoffentlich niemand mehr wünscht).

    Ich wünsche Ihnen für die anstehende Aufklärungsarbeit viel Kraft und die nötige Strenge, damit Sie als 2. Bgmin. unserer Gemeinde bald zielführende Ergebnisse präsentieren können.

    Mit freundlichen Grüßen aus der Nelly-Sachs-Straße
    Guido Langenstück

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