Lesermail zum Artikel „Eklat statt Friede, Freude“

Ein Neustart in Sicht?

Eine Weihnachtsfeier, ob im Verein, in der Arbeit oder in anderer Konstellation, bietet insbesondere für Vorgesetzte, Vorstände oder sonstige Verantwortliche die Gelegenheit, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und einen Ausblick auf das kommende Jahr zu wagen. In der Regel bedankt man sich im Rahmen dessen für das Geleistete und motiviert für das Kommende. So zumindest meine Erfahrung.

Dass unser Bürgermeister diesen Moment nutzte, um mit einem (Groß-)Teil der Gemeinderäte abzurechnen, sie öffentlich diffamierte und beleidigte, ist schlichtweg inakzeptabel. Man muss nicht jeden Gemeinderat/-rätin toll finden, Respekt für deren ehrenamtliches politisches Engagement, teilweise seit vielen Jahren, hat allerdings jede/jeder einzelne ohne Frage und ohne Einschränkung verdient.

Stellt sich die Frage: War diese Eskalation zwischen Gemeinderat und Bürgermeister absehbar? Ich denke: ja! Und das nicht erst seit den Vorkommnissen der letzten beiden Jahre.

Wie ich darauf komme?

Das „Grußwort“ des BM im Mai 2017, abgedruckt im Echinger Forum, trägt die Überschrift „Stur an Altem festhalten? Oder mutig Neues wagen?“

Noch nicht einmal ein Jahr im Amt, wirft unser BM in diesem Artikel dem Gemeinderat vor, unsachliche, an der Expertise von Fachleuten vorbei, Entscheidungen zu treffen. Der Gemeinderat würde objektive Fakten und die Bedürfnisse der Bevölkerung systematisch ignorieren und wäre zu keinen Kompromissen bereit.

Dem gegenüber würde er den „alten Stiefel“ nicht einfach so weitermachen, einzig er wäre auf dem Papier wie auch im Geiste parteifrei und nur dem Wohle der Gemeinde verpflichtet; ergo: alle anderen nicht.

Dieser Artikel (weitere folgten) ließ mich aufhorchen, sodass ich unseren Bürgermeister in der Bürgerversammlung 2017 (öffentlich) fragte, wer denn die Gemeinderäte seien, die er in dem vorgenannten Artikel meinte? Und, wie er denn seine für 2018ff formulierten Ziele, angesichts des augenscheinlich vorherrschenden „Spannungsverhältnisses“ zwischen BM und Gemeinderat, umsetzten wolle?

Antwort: keine Namen, welches Spannungsverhältnis? Alles schick!

Zurück in die Gegenwart: Dass sich unser Bürgermeister wiederholt als Opfer einer vermeintlichen politischen Hetzkampagne inszeniert, ist nicht neu und mag bei einigen Bürgern und politischen Weggefährten weiterhin verfangen. Alle anderen stößt er damit erneut vor den Kopf und lässt sie links liegen, da er diesem Teil der Bürgerschaft, außer plakativen Sprüchen, weiterhin inhaltlich nichts anzubieten hat. Zitat Echinger Zeitung: Keine Namen, keine Argumente, seine Sicht der Dinge stellte er inhaltlich nicht dar.

Da hilft auch der vielbemühte Verweis einiger (Leserbriefschreiber) auf den Rechtsstaat und dessen Kern, „wer nicht rechtskräftig verurteilt ist, gilt als unschuldig“, nicht weiter. Denn diese Sicht blendet die politische Dimension der Figur Bürgermeister völlig aus.

Darf ein Bürgermeister wirklich alles, was nicht verboten ist? Ist alles, was ein Bürgermeister macht, in Ordnung, nur weil strafbares Handeln nicht mehr „nachweisbar“ ist?

Muss ein Bürgermeister zu bekannt gewordenen Vorwürfen gegen seine Person, ob privat oder betreffend sein politisches Handeln, nicht zumindest Stellung nehmen? Hat der Bürger kein Recht auf Information? Hat der Bürger monatelang zu warten, um „gerichtsfest“ zu erfahren, weshalb das/sein Rathaus von der Polizei durchsucht wurde?

Denkanstoß: Sind die aufgrund anrüchiger Masken-Deals zurückgetretenen Politiker rehabilitiert, weil ihnen kein Gericht strafrechtlich relevantes Handeln nachweisen konnte?

An einer Stelle möchte ich unserem BM ausdrücklich zustimmen: „Für politische Ämter würden sich bald keine fähigen Personen mehr finden, wenn ihnen so mitgespielt würde.“

Dabei denke ich jedoch zuvorderst an all die ehrenamtlichen Gemeinderät*innen (egal welcher Parteizugehörigkeit) und weniger an den mit Besoldungsstufe B2 ausgestatteten Posten des „Zugführers“ von Eching.

In meinem letzten Leserbrief beklagte ich, die Possen des Echinger Politikbetriebs würden der allgemeinen Politikverdrossenheit Vorschub leisten. An einen solchen (hoffentlich letzten) Höhepunkt dachte ich damals noch nicht … und komme daher aus dem Stauen kaum heraus.

Bei all der, für uns Echinger Bürger unbefriedigenden Situation, sehe ich in der „Wutrede“ des BM auch einen Silberstreif am Horizont: Nämlich den, dass ein baldiges „Tabula rasa“ greifbar erscheint.

S. Meyr

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