Einen Vorschlag von Bürgermeister Sebastian Thaler, die Kinderangebote und Jugendarbeit der Gemeinde durch Ausrichtung an allgemeingültigen Standards zu optimieren und dann als „Kinderfreundliche Kommune“ zertifizieren zu lassen, hat der Hauptausschuss des Gemeinderats zunächst vertagt; die Tendenz klang freilich alles andere als wohlwollend.
Thaler hatte angeregt, dem bundesweiten Verein „Kinderfreundliche Kommunen“ beizutreten. Damit erhalte man „eine umfassende Beratungsleistung, wie man noch familienfreundlicher werden kann, und Unterstützung bei der konsequenten Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention auf kommunaler Ebene“. Damit könnten die kommunalen Angebote, Planungen und Strukturen „im Sinne der Kinderrechte optimiert werden“.
Noch ein Projekt! Gerade in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen werde man „von solchen Projekten erschlagen“, klagte Kerstin Rehm im Ausschuss, „das hält nur von der eigentlichen Arbeit ab“. Die dafür nötigen Vorbereitungen, Begleitungen und Evaluationen seien „viel zu viel“ und jedenfalls das Gegenteil angestrebter Entbürokratisierung.
Und noch ein Zertifikat… „Ein Plätzchen am Briefkopf wär noch frei, dafür hätten wir gern noch diesen Aufkleber“, spottete Christoph Gürtner über das mögliche Attest. Mittlerweile aber seien es „schon so viele Konzepte, die wir uns auferlegt haben“, monierte er, „wir lähmen uns damit selbst.“
Inhaltlich merkte Julian Morgenroth immerhin an, dass es in der kommunalen Jugendarbeit „schon noch einiges aufzuholen“ gebe. Unisono störte sich das Gremium aber am zu erwartenden Aufwand für die Projekt-Beteiligung. Anvisiert wurde in etwa der Arbeitsbedarf einer halben Personalstelle.
Thaler versicherte zwar ausdrücklich, eine neue Stelle werde damit nicht verbunden, der Aufwand sei in den bestehenden Strukturen von Jugendzentrum, Erziehungsberatungsstelle, Sachgebiet im Rathaus und eventuell auch noch Volkshochschule durchaus abzubilden.
Aber das rief erst recht Unverständnis hervor. „Was machen die dann jetzt in den benötigten 25 Stunden?“, fragte Siglinde Lebich. Zweifellos werde dann andere Arbeit liegenbleiben. Thaler argumentierte, die Vereinsmitgliedschaft werde helfen, „die bestehenden Personalstunden effektiver einzusetzen“, die gesamte Arbeit solle optimiert werden.
Schlußendlich verständigte sich der Ausschuss mit 8:2 Stimmen darauf, die Mitgliedschaft zunächst nicht einzugehen. Stattdessen sollten die einschlägigen Stellen im Rathaus ihre Erwartungen an ein derartiges Projekt artikulieren. Wenn das betroffene Personal für ihre Arbeit die Maßnahme begrüße, wolle man nochmal überlegen.
Man sollte ja meinen, dass in den oben genannten Strukturen genügend Expertise vorhanden sein sollte, um zu erkennen, wo die Mängel liegen.
Wobei mir bei der Aufzählung die Vereine – insbesondere, aber nicht nur die Sportvereine – fehlen.
Was die Arbeitsbelastung in der Gemeindeverwaltung angeht, muss ich in meiner Funktion als Abteilungsleiter und der daraus verbundenen Erfahrung mit derselben leider feststellen, dass es hier genügend Baustellen gibt, die zu fast täglichem Frust führt.
In den Gemeindeentwicklungsplan haben wir in der entsprechenden Arbeitsgruppe m. E. die richtigen Ansätze hineingeschrieben. Es liegt nach Verabschiedung des GEP an Gemeinderat und -verwaltung, diese dann auch umzusetzen.
Der Stempel „GEP – konform“ hätte dann die „Kinderfreundlichkeit“ von vornherein inkludiert.
Mit freundlichen Grüßen,
Tobias v. Wangenheim