Die Amtszeit von Bürgermeister Sebastian Thaler dürfte nun zum Jahreswechsel noch 16 Monate dauern. Von einer frühzeitigen Amtsenthebung durch die Landesanwaltschaft ist wohl nicht mehr auszugehen.
Die Strategie des Bürgermeisters geht damit rundum auf: Alles aussitzen, alles abperlen lassen. Seine laufenden Dienst- und späteren Versorgungsbezüge sind im Trockenen.
Auch die teilweise Empörung über das Verhalten des Bürgermeisters ist längst im Sande verlaufen. Ein verzweifelter Aufschrei mit der Forderung nach Rücktritt jünst in der echinger-zeitung.de verhallte ebenso geräuschlos wie der anschließende Aufruf zu einer Demonstration.
Das übliche Argument an der Stelle lautet dann immer: Er macht’s doch ganz gut.
Tut mir leid, aber das sehe ich ganz und gar nicht so.
Dieser Bürgermeister ist rechtskräftig verurteilt wegen Untreue gegenüber der eigenen Gemeinde. Er hat sich im Amt von einem hochbetagten Echinger eine Wohnung zum ungefähr halben Verkehrswert erschlichen, zum Schaden der Gemeinde, die Alleinerbin von dessen Vermögen war.
Er hat rechtswidrig Aufträge der Gemeinde an den eigenen Schwager vergeben. Er wollte auf Briefpapier der Gemeinde Inserenten von einer unliebsamen Webseite abbringen. Und er hat zu allem seinen Fehlverhalten die Öffentlichkeit, seine Wähler, seine Gemeindebürger permanent angelogen.
Er stritt Anschuldigungen jeweils ab, teils wahrheitswidrig („marktüblicher Preis“ bei 50 Prozent Unterschied), räumte Vorwürfe immer erst ein, wenn sie belegt waren – und hat sich bis heute noch mit keiner Silbe erklärt oder gar ein Fehlverhalten eingeräumt.
Seine einzige Aussage zur Verurteilung wegen Untreue an der eigenen Gemeinde war Erleichterung, dass die für ihn belastende Situation nun ausgestanden sei.
So einer macht’s im Amt ganz gut? Nur weil er Verwaltungsvorschriften versteht und Baurecht anwenden kann?
Er ist mit nahezu dem kompletten Gemeinderat verkracht. In öffentlicher Veranstaltung hat er das Gremium schon seiner Abscheu versichert. Mittlerweile ignoriert er die gewählte Bürgervertretung komplett. Die Ereignisse des Jahres beispielsweise haben höchstens noch „die Kollegen“ im Rathaus bewirkt und vorrangig bis ausschließlich er. Der Gemeinderat? Keine Erwähnung.
Wenn ein Bürgermeister eine Gruppierung oder eine Richtung nicht einbinden kann, ist das schade, weil es eine Vergeudung von Engagement und eine Missachtung des Wählerwillens ist. Aber den kompletten Gemeinderat über sieben Parteiungen hinweg? So einer macht’s im Amt ganz gut?
Ja, es gibt weiter Personalausweise im Bürgerbüro, an der Musikschule wird weiter musiziert, Baugebiete wachsen. Ich aber halte die Monate unter Bürgermeister Thaler für eine schreckliche Vergeudung von Potenzial und eine ganz, ganz dunkle und traurige Zeit für Eching.
„Argument“ zwei zur Relativierung dieses Trauerspiels ist regelmäßig: Wer soll’s denn sonst machen?
Dazu fällt mir nun wirklich nichts mehr ein. Mit so blankem Zynismus rechtfertigt man die absolut verheerende Vorbildwirkung für Demokratie an ihren Wurzeln? Na gut, er ignoriert seine Bevölkerung, stellt seine Ansprüche über das Wohl der Gemeinde, hat betrogen, ist völlig isoliert – aber hey, wer soll’s denn sonst machen?
Hat sich Eching wirklich schon aufgegeben?
Ich weiß nicht, ob dem Gemeinderat ein breiteres Kreuz gegenüber dem Bürgermeister möglich gewesen wäre. Das Gremium hat den eigenen Bürgermeister verklagt, was ein sehr tapferer Schritt war, und nahezu jede Gruppierung hat ihn zu wechselnden Zeitpunkten und jeweils unterschiedlichen Anlässen zum Rücktritt aufgefordert.
Eine „Abwahl“ ist nicht ansatzweise möglich; irgendwelche Boykott-Szenarieren wären formalrechtlich nur den Gemeinderäten selbst auf die Füße gefallen und hätten natürlich vorrangig der Gemeinde geschadet. Dennoch hätte ich mir etwas mehr klare Kante gegenüber dem Bürgermeister gewünscht, insbesondere gemeinschaftliche Maßnahmen oder Aktionen.
Dass sich der Gemeinderat aber so auseinanderdividieren ließ, dass jetzt zwischen den Gruppierungen nicht mal mehr eine gemeinsame Weihnachtsspende möglich ist, das ist ein „Erfolg“ des Bürgermeisters. Er macht’s doch gut.
Bei seinem Antrag, sein Nebenstudium von der Gemeinde finanziert zu bekomme, hatte Thaler angeboten, eine mindestens zweijährige Beschäftigung bei der Gemeinde als Bedingung vertraglich zu fixieren. Das würde eine erneute Kandidatur 2026 und eine Wiederwahl bedeuten.
Andererseits hatte er das Studium doch wohl ausschließlich als Sprungbrett für den Abgang aus dem Rathaus 2026 überhaupt begonnen? Und dann wollte er sich’s von der Gemeinde finanzieren lassen, die gegen ihn im Prozess liegt?
Sein Verhalten ist nach meiner küchenpsychologischen Einschätzung mittlerweile längst nicht mehr nach rationalen Kategorien erklärbar. Er lebt in seiner Blase, wo es vielleicht ganz logisch ist, dass der Souverän, er, dem Volk keinerlei Erklärungen schuldig ist, sondern auch mal aufatmen darf, wenn ein Verfahren abgeschlossen ist; wo es nur folgerichtig ist, dass ein Arbeitgeber seinem herausragenden CEO ein Studium finanziert, das die Gemeinde nicht braucht. Und wo sich die Sonne um ihn dreht.
Mein Gott, Eching… Was für ein Trauerspiel. Noch 16 Monate!
Sehr geschätzter, lieber Herr Bachhuber,
treffender kann man diese Situation nicht formulieren.
Mit freundlichen Grüßen
Doris Thiele
Sehr geehrter Herr Bachhuber,
ich kann Ihnen nur uneingeschränkt beipflichten. Gleichzeitig fühle ich mich natürlich, völlig zurecht, an die eigene Nase gepackt, denn jeder und jede in Eching hätte sich schon seit langem die Frage stellen müssen, wie lange das noch so weiter gehen darf bzw. soll und was man denn dagegen tun könnte.
Der Leserbrief von Herrn Reindl hatte mich auch noch einmal wachgerüttelt – und wer weiß, wenn Herr Fütterer in seiner Reaktion darauf vielleicht tatsächlich und ganz konkret (mit Datum/Uhrzeit) zu seiner Demonstration aufgerufen hätte – vielleicht müssen sich einfach mal ein paar Bürger zusammen setzen…
Zunächst einmal hatte auch ich mir eigentlich ein vehementeres Vorgehen (oder, wie sie sagen: mehr Rückgrat) des Gemeinderats gewünscht. Spätestens, nachdem endlich auch die SPD, die ihn einst entdeckte, erkannt hatte, dass Herr Thaler nicht mehr der richtige Bürgermeister für Eching ist und ihn im Januar 2024 zum Rücktritt aufrief.
Die Frage „Wer soll es denn machen?“ ist aber leider nicht ganz trivial. Wir müssen schließlich berücksichtigen, dass unsere Gemeinderäte ihr Amt ehrenamtlich, die meisten also neben bzw. zusätzlich zu ihrem Beruf ausüben. Wenn also der nächste Bürgermeister aus den Reihen des GR kommen soll (was ich ganz grundsätzlich begrüßen würde), dann müsste die- oder derjenige sich zunächst dazu entschließen, den derzeit ausgeübten Beruf aufzugeben – keine Entscheidung, die man leichtfertig fällt.
Auch wenn das Bürgermeisteramt nicht gerade schlecht entlohnt wird, so ist es eben auch kein 35- oder 40-Stunden-Job. Der vermutlich eher negative Einfluss auf das Familienleben muss mitbedacht und vom Rest der Familie auch mitgetragen werden. Im Übrigen gilt das natürlich auch für jeden außerhalb des Gemeinderats, der sich für das Amt eines hauptamtlichen BM bewirbt – es bedeutet in jedem Fall, die bisherige Lebensplanung über den Haufen zu werfen.
Da man es ja auch nie allen Recht machen kann, sind einem dann auch noch mehr oder weniger regelmäßige Beschimpfungen in den (a-)sozialen Medien sicher. Mein Respekt gilt heute schon jenen, die sich zur Wahl stellen werden.
Mit besten Grüßen,
Tobias v. Wangenheim
Sehr geehrter Herr Bachhuber,
danke für diese deutlichen Zeilen!
Dieser Bürgermeister hat das Vertrauen der Allgemeinheit verloren. Nach meinem Dafürhalten ist Thaler nicht mehr amtsfähig.
Und ja, der Gemeinderat hat einen gesetzlichen Auftrag, die Verwaltung zu überwachen, folglich auch den Bürgermeister. Somit kann der Gemeinderat den Bürgermeister ggf. auch sanktionieren. Warum dies nicht erfolgt ist, ist mir ein Rätsel.
Ein noch größeres Rätsel ist, dass Staatsanwaltschaft und Landesanwaltschaft viele Jahre benötigen, um Handlungen wie Vergaberechtsverstöße im Zusammenhang mit den Auftragsvergaben an den Schwager oder weitere mögliche Ungereimtheiten im Zusammenhang mit Thalers Amtsführung zügig voranzutreiben.
Was kommt noch? Was muss noch geschehen, dass dieser wegen Untreue vorbestrafte Bürgermeister endlich sein Amtszimmer räumt?
Torsten Wende, Altbürgermeister
Eine anschauliche Zusammenfassung, wo es hauptsächlich hakt. Es versagt die Judikative (Gerichte und Staatsanwaltschaft).
Weiter hakt es auch an der bayerischen Gesetzgebung: In Bayern gibt es die Möglichkeit nicht, einen Bürgerentscheid ins Leben zu rufen.
Damit wird die Politkverdrossenheit weiter gefördert und gleichzeitig wird es immer weniger Leute geben, die sich einem Ehrenamt (Gemeinderat) stellen werden. Damit wird die Demokratie schon im Kleinen erstickt. Noch 16 Monate Unerträglichkeit, es wird immer schlimmer.