Lesermail zum Artikel „Thaler tritt 2020 wieder an – unter Vorbehalt“

Sehr geehrter Herr Müller-Saala,

Ihren Ausführungen kann ich vollständig zustimmen. Die Bürgerinnen und Bürger sollen selbstverständlich die Personen in den Gemeinderat wählen, denen Sie dieses Amt zutrauen, und das entsprechende Vertrauen schenken, egal welcher Couleur. Nur am Rande: Ich selbst wähle ebenfalls nach Kompetenzen und nicht nach Farben.

Ich bin 2016 als überparteilicher Bürgermeister angetreten und habe während der letzten drei Jahre stets den konstruktiven Austausch mit allen Fraktionen im Gemeinderat gesucht. Mit dieser offenen Art rannte ich nicht bei allen offene Türen ein, so wurde ich beispielsweise bei der CSU mit den Worten „Was wollen Sie hier? Sie können wir hier nicht gebrauchen!“ begrüßt, als ich diesen wichtige Informationen aus der Verwaltung zu einem Tagesordnungspunkt während deren Fraktionssitzung vorstellen wollte. Ich habe Verständnis, dass eine Fraktion auch Themen unter sich besprechen möchte und hätte mich nach ein paar Minuten von selbst wieder verabschiedet. Ein derartiger Empfang entspricht jedoch nicht der Art und Weise, wie ich pflege, mit meinen Mitmenschen umzugehen.

Das Abstimmungsverhalten der letzten drei Jahre lässt bei vielen keine dahinterliegende langfristige Strategie erkennen, außer dergestalt, dass man mit den Vorschlägen des Bürgermeisters kategorisch nicht einverstanden ist. Diese Vorgehensweise frustriert auch die Beschäftigten der Gemeindeverwaltung und behindert sie in ihrer Arbeit.

Drei Beispiele aus drei Jahren meiner Tätigkeit:
– 2017 Rathaus: Umplanungen für das neue Rathaus werden mehrheitlich im Rat beauftragt. Vier unterschiedliche Varianten mit zahlreichen Planungsoptimierungen werden über drei Monate erarbeitet mit dem Ergebnis, dass alle Varianten kategorisch abgelehnt werden und mir eine Verzögerung vorgeworfen wird. „Versunkene Kosten“: ca. 50.000 EUR
– 2018 „Mauern“: Eine Einfriedungssatzung soll vorbereitet werden, auf mehrfache Aufforderung werden von einigen Fraktionen über Monate keine Änderungsvorschläge eingebracht, die Satzung dann kategorisch abgelehnt.
– 2019 Feuerwehrhaus Günzenhausen: In einem Vergabeverfahren wird gemeinsam mit Vertretern der Fraktionen des Gemeinderats ein Architekturbüro bestimmt zum Bau des Günzenhausener Feuerwehrhauses. Dieses Büro arbeitet fast ein Jahr an Entwürfen, die sich am Raumprogramm orientieren, das der Gemeinderat per Beschluss vorgegeben hat. Ohne vorher in den diversen Abstimmungsrunden mit dem Architekten Änderungsvorschläge einzubringen, wird dieser in öffentlicher Sitzung bloßgestellt und gekündigt. „Versunkene“ Kosten: ca. 80.000 EUR.

Um wieder an einem Strang zu ziehen und das große Ganze im Blick zu haben, anstatt sich an Kleinigkeiten wie einem Vereinszuschuss über 4.000 EUR aufzureiben, ist es längst an der Zeit, unser Gemeindeentwicklungsprogramm aus den 70er Jahren, das zuletzt 2009 fortgeschrieben wurde, zu aktualisieren. Als Startschuss hierfür habe ich Ende September alle Gemeinderäte zu einer Klausur eingeladen.

Ich wünsche mir sowohl für den heutigen Gemeinderat als auch für die Zeit ab Mai 2020 eine konstruktive und sachlich orientierte Diskussionskultur und eine langfristige Strategie für unsere Gemeinde. Nur so können wir alle gemeinsam – egal mit welchem Parteibuch oder gar ohne selbiges – Eching zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger gestalten.

Mit freundlichen Grüßen,
Sebastian Thaler
(Erster Bürgermeister)

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