Für Dietersheimmit seiner Nähe zum Garchinger Forschungscampus, zur U-Bahn und zur Autobahn, hat das Echinger Rathaus schon lange überproportionales Wachstum vorgesehen. Aber allmählich gibt es Bedenken. Vier Neubaugebiete sind gerade in unterschiedlichen Phasen der Realisierung – und jetzt noch ein fünftes anpacken?
Die Gemeindeverwaltung hat vorgeschlagen, am westlichen Ortsrand, südlich der Echinger Straße, noch ein Baugebiet auszuweisen. Die Fläche am sogenannten Straßenfeld mit rund 1,6 Hektar könnte nach einem vereinfachten Baurechtsverfahren ausgewiesen werden, das aber nur bis Jahresende gültig ist.
Entsprechend empfahl das Gemeindebauamt, die Ausweisung unbedingt zu beschließen, um die Vergünstigungen fürs Verfahren mitzunehmen; die Umsetzung könne dann frei terminiert werden. Mit dem Baugebiet Südost am Mühlenweg, Südwest beim Johannisweg, am Anger und einer kleinen Parzelle am Auweg sind gerade vier Baugebiete in unterschiedlichen Verfahrensstufen, mit denen sich die Einwohnerzahl Dietersheim locker verdoppeln könnte.
Die CSU aber wollte für Dietersheim jetzt erstmal eine Verschnaufpause. „Die sprunghafte Entwicklung wird gerade schon sehr sprunghaft“, mahnte ihr Sprecher Georg Bartl. Angesichts des entstehenden Bevölkerungszuzugs könne man „fast schon von einer Überfremdung sprechen“.
Annette Uebach (CSU) aus Dietersheim fragte sich, „ob das der kleine Ort wirklich so verkraftet?“ Mit vier und möglicherweise dann fünf Neubaugebieten habe man sich „schon große Hausnummern vorgenommen“.
Überhaupt keine Bedenken hatte Hans Grassl (FW), ebenfalls Dietersheimer. „Mit den Neubürgern haben wir noch nie Probleme gehabt“, sagte er, „warum sollen wir keine Menschen aufnehmen in Dietersheim?“ Angesichts des Wohnraumdrucks im Ballungsraum könne ein Ort in der Lage „keine grüne Oase bleiben“.
Otmar Dallinger (FW) erinnerte ebenfalls, dass dieses Wachstum „ausdrücklich beschlossen“ worden sei. Und der Charme der neuen Ausweisung läge darin, dass man auf der Parzelle in Gemeindeeigentum „alles in der eigenen Hand“ habe.
Wenn schon so sprunghaft, dann wäre aber auch „ein Ortsentwicklungskonzept für Dietersheim nötig“, mahnte Siglinde Lebich (Grüne) an. Eine Verdopplung der Bevölkerung erfordere auch neue Gemeinbedarfseinrichtungen.
Bürgermeister Sebastian Thaler (parteilos) verwies darauf, dass für Erweiterungen von Kindertagesstätte und Friedhof bereits Vorkehrungen getroffen seien, selbst für ein Schulhaus wäre im Baugebiet Südwest schon ein Platz reserviert. Und da die jetzt akute Fläche in Gemeindehand sei, „könnten wir Dinge der Infrastruktur dort wunderbar umsetzen“, argumentierte Anette Martin (SPD).
Thaler bedauerte, dass eine Ausweisung des Baugebiets Südwest derzeit nicht umsetzbar scheine, da hier das Umlegungsverfahren zur Ermittlung der Gemeindeanteile strittig ist. Dieser Wachstumssprung müsse also quasi wieder herausgerechnet werden. Sollte Südwest wider Erwarten doch zügig erschlossen werden könne, könne man Neubaugebiet Nummer fünf etwas zurückstellen.
Unter der Prämisse stimmten dann auch drei CSU-Räte doch für den Aufstellungsbeschluss zur Wahrung der Vergünstigungsfrist, der dann mit 12:1 Stimmen gefasst wurde. Thaler merkte auf Bartls Einlassung noch an, dass er selbst auch „zur Überfremdung von Dietersheim beigetragen habe“, als er nach seiner Wahl von München in den Ort zog.
„Die sprunghafte Entwicklung wird gerade schon sehr sprunghaft“, „angesichts des entsprechenden Bevölkerungszuzugs könne man fast schon von Überfremdung sprechen“: Georg Bartl, Fraktionssprecher der CSU-Fraktion im Echinger Gemeinderat, zur Ausweisung neuer Baugebiete in Dietersheim, so der Bericht der echinger-zeitung.
Wikipedia: Überfremdung ist ein politisches Schlagwort, das im deutschen Sprachraum ein scheinbares Übergewicht von als fremd und schädlich bewerteten Einflüssen auf Gesellschaft, Kultur, Nation oder Sprache bezeichnet. 1993 wurde dieser Ausdruck zum „deutschen Unwort des Jahres“ gewählt.
So weit so ungut. Wenn aber darüber hinaus der ehemalige Gemeinderat Hans Grassl aus Dietersheim erklärt, dass man mit Neubürgern noch nie Probleme gehabt habe, frage ich mich, ob der CSU-Fraktionssprecher nicht zu tief in die rückwärts gewandte Sprachkiste gegriffen hat. Ein Tanz auf (Sprach)Messers Schneide.