Wir geben der SPD-Fraktion recht hinsichtlich der Aussage „Das fällt für mich in den Bereich ‚das tut man nicht“. Die Vergaben von Aufträgen an den Schwager sind wie auch die anderen Skandale mehr als moralisch verwerflich. Sagt doch Art. 38 KWBG, dass Angehörigen keine Vorteile verschafft werden dürfen.
Dass der Schwager des Bürgermeisters ein Angehöriger ist, steht außer Frage. Ebenso die Tatsache, dass der Schwager durch die Auftragserteilung einen finanziellen Vorteil auf seiner Seite erhalten hat. Es steht somit außer Frage, dass mit der Vergabe an den Schwager eine klare Missachtung von Art. 38 KWBG erfolgt ist, auch wenn mutmaßlich der Schwager das billigste Angebot abgegeben hat.
Wäre es nicht verwunderlich, wenn bei den Ausschreibungen zu allen Aufträgen des Schwagers dieser das günstigste Angebot abgegeben hat? In Compliance-Sachverhalten ist es häufig der Fall, dass einer dem Entscheidungsträger nahestehenden Person Informationen über die Angebote der anderen Ausschreibungsteilnehmer zugetragen werden, um sich selbst oder Nahestehenden einen Vorteil zu verschaffen. Daher dürfen sich bei einem Amtsträger keine geschäftlichen Beziehungen zwischen seinem Dienstherren und Verwandten anbahnen.
Emotionalität und menschliches Mitgefühl mit dem Beschuldigten haben in einem solchen Verfahren leider nichts verloren – so hart es an dieser Stelle erscheint. In solchen Verfahren/Compliance-Ermittlungen ist stets eine sachliche Aufklärung erforderlich. Lässt man sich bei der Beurteilung von Tatschen von Emotionalität leiten, ist die Aufklärung von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Es ist zudem anzunehmen, dass viele Gemeinderäte, insbesondere aus der bunten Koalition, ein freundschaftliches Verhältnis zum Bürgermeister pflegen/gepflegt haben, welches die Aufklärungsarbeit unter Umständen behindern könnte. Daher ist es zwingend erforderlich, dass die Aufklärungsarbeit entweder von der kommunalen Rechtsaufsicht (unter regelmäßiger Berichterstattung an den Gemeinderat) oder durch eine auf solche Verfahren spezialisierte Kanzlei durchgeführt wird. Gegebenenfalls wären daraus resultierende Kosten hinsichtlich eines Regresses gegenüber dem Bürgermeister zu prüfen.
Zudem müssen sämtliche Ausschreibungssachverhalte in der Gemeinde professionell aufgearbeitet werden (normales Vorgehen bei Compliance-Untersuchungen). Denn es besteht die (große) Wahrscheinlichkeit, dass noch mehr Themen ans Tageslicht kommen.
So scheint es, dass hier ein Bürgermeister in sehr vielen Situationen sich selbst am nähesten war und des Öfteren seinen privaten finanziellen Vorteil gesucht hat. So wäre bei Ausschreibungen beispielsweise zu prüfen, wie diese abgelaufen sind, ob Ausschreibungsteilnehmer Informationen über die Preise der Mitbewerber erhalten haben, ob dem Bürgermeister finanzielle Mittel zugeflossen sind. Daran wird das Ausmaß einer umfassenden, objektiven Untersuchung deutlich, die vermutlich keiner der Gemeinderäte in seiner ehrenamtlichen Freizeit durchführen kann.
Eines sollte auch den Gemeinderäten mittlerweile klar sein. Der Bürgermeister hat in seinen moralisch verwerflichen Taten, sollten sie sich bewahrheiten, in keiner Weise Emotionalität gezeigt. Besonders ist an dieser Stelle der Immobiliendeal mit dem sehr betagten alten Mann hervorzuheben, in welchem die Gemeinde möglicherweise um mehrere hunderttausend Euro hintergangen wurde. Oder auch die Situation, in welcher durch ihre Unterschrift die Zweite Bürgermeisterin in Thalers Urlaubsvertretung (obwohl er anwesend war) in diese Affäre hineingezogen wurde.
Den Kampf für das politische Überleben hat unser Bürgermeister bereits verloren. Alleine die moralische Komponente der Skandale rechtfertigt einen Rücktritt. Nun geht es darum, dass die Unterstützergruppierungen endlich der Realität ins Auge blicken und Emotionalität aus dem Spiel lassen, um nicht selber noch größeren Schaden zu erleiden.
Sachlichkeit, Objektivität und professionelle sowie umfassende Untersuchungen sind in diesem Schlamassel nun notwendig. Das beste Mittel für die Gemeinde wäre nun ein Rücktritt, um Schadensbegrenzung zu erzielen. Soll der Bürgermeister nach seiner Covid-Erkrankung zurückkehren und einfach so im Rathaus wieder die Geschicke leiten?
Aus Gesprächen mit Gemeindeangestellten aus Nachbargemeinden habe ich erfahren, dass in Nachbarrathäusern nur noch der Kopf geschüttelt wird und man über die Zustände in unserem Rathaus fassungslos ist. Das Ansehen unserer Gemeinde ist in den Keller gerutscht. Gerade die Rathausmitarbeiter können einem in einer solchen Situation Leid tun. Ist ein normales, produktives Arbeiten in einer angenehmen Arbeitsatmosphäre unter einem mit solchen Vorwürfen belasteten Bürgermeister überhaupt noch möglich? Alleine den Rathausmitarbeitern zuliebe wäre ein Rücktritt notwendig.
Die Gemeinde sollte sich nämlich nun konzentrieren, voranzukommen. Daher die wichtige Bitte von sehr vielen Echingern: Wachen Sie endlich auf und handeln Sie im Wohle der Gemeinde, nicht beeinflusst von menschlichen Beziehungen zu unserem Bürgermeister, nicht von Emotionalität!
Thomas und Franziska Zeil