Lesermail zum „Offenen Brief: ‚Vertrauen in die Verfahren des Rechtsstaats gefragt‘“

Grundsätzlich haben die Unterzeichner des Offenen Briefes recht, wenn sie fordern, dass es zu keinen Vorverurteilungen gegen Herrn Thaler kommen darf. Noch ermittelt die Staatsanwaltschaft Landshut in zwei voneinander unabhängigen Verdachtsfällen gegen Sebastian Thaler.

Es ist ja überhaupt noch nicht sicher, ob sich der Anfangsverdachts der Untreue (im Zusammenhang mit seiner Rauferei am Echinger See) bzw. von Wucher (im Zusammenhang mit seinem Immobilienerwerb) erhärtet und es zur Anklage kommt. Und selbst dann gilt immer noch die Unschuldsvermutung. Erst nach einer rechtskräftigen (!) Verurteilung durch ein ordentliches Gericht steht fest, ob sich Thaler einer oder gar zwei strafbaren Handlungen schuldig gemacht hat oder nicht.

Soweit der strafrechtliche Teil. Kommen wir zum zivilrechtlichen:
Thaler hatte bekanntlich am 01.08.18 den PKW eines Autofahrers, der die Zufahrtstraße am Parkplatz des Echinger Sees mit seinem SUV regelkonform befuhr (nicht, wie manche behaupten, auf einem für den öffentlichen Verkehr gesperrten Feldweg), mit seinem Montainbike genötigt und nach einer verbalen Auseinandersetzung lt. Gerichtsurteil mindestens grob fahrlässig beschädigt (Schaden: ca. 5.000 €). Thaler meinte, dass er qua Bürgermeisteramt ein Sonderrecht auf aktives Eingreifen in den Straßenverkehr besitzen würde (sozusagen als Hilfspolizist).

Nachdem Thaler den durch ihn verursachten Schaden nicht ersetzen wollte, klagte der geschädigte Autofahrer auf Schadensersatz. Das Landgericht Landshut verurteilte Thaler auf vollständigen Schadensersatz (incl. Nutzungsausfallentschädigung) und im Gegenzug musste der Autofahrer Thaler ein Poloshirt (mit TUM-Logo), bei dem ein Knopf abgerissen war, ersetzen (50 €).

Gegen dieses Urteil legte Thaler beim OLG München Berufung ein. Drei Richter beim OLG konnten sich Thalers Argumentation, er hätte als Bgm. ein Recht auf Maßregelung von Autofahrern im Gemeindegebiet Eching, nicht anschließen und empfahlen ihm, seine Berufungsklage wieder zurückzuziehen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Diesem Rat ist Thaler (am 13.01.21) dann gefolgt und somit wurde das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig.

Aber anstatt den entstandenen Schaden (incl. Gerichts- und Anwaltskosten) aus eigener Tasche zu begleichen, ließ sich Thaler von der Anwaltskanzlei einen „Persilschein“ ausstellen, der dem Echinger Gemeinderat am 23.06.20, also nach (!) dem Akzeptieren des Landshuter Urteilsspruchs, als Entscheidungsgrundlage für die Kostenübernahme vorgelegt wurde.

Leider kam kein Gemeinderatsmitglied auf die Idee, Thaler aufzufordern, dass als weitere Entscheidungsgrundlage auch das Landshuter Urteil vorgelegt werden soll (viele Echinger wussten zu diesem Zeitpunkt, dass Thalers Hilfssheriff-Aktion ein juristisches Nachspiel hat).

Ob hier der Anfangsverdacht der Untreue (Verletzung des Amtseids (Treueeid)), den Thaler sowohl bei seiner Amtseinführung als auch nach seiner Wiederwahl als 1. Bgm. von Eching geleistet hat, sich erhärtet, obliegt der ermittelnden Staatsanwaltschaft.

Aber eines kann man jetzt schon festhalten:
1.) Thaler maßt sich Rechte an, die er nicht besitzt,
2.) er lässt die Gemeinde (besser: den Echinger Steuerzahler) für durch ihn versachte, m. E. vermeidbare und absolut überflüssige Kosten aufkommen. Das Wort „Verursacherprinzip“ scheint für ihn ganz offensichtlich ein Fremdwort zu sein. Auch das Wort „Kostenminimierung“ scheint er nicht zu kennen (aus ca. 5.000 € sind mittlerweile geschätzt 30.000 € geworden).

Fazit: Thaler ist weder Vorbild noch hat er einen inneren Wertekompass (eine Frage von Moral und Anstand).

Übrigens: Die Unterzeichner des Offenen Briefes haben nach meinem Kenntnisstand mindestens überwiegend das SPD-Parteibuch (welch ein Zufall, oder?).

Guido Langenstück

Ein Lesermail

  1. Lieber Herr Langenstück,

    Sie greifen da ein interessantes Thema auf. Welche Rechte hat ein Bürgermeister? Hat ein Bürgermeister die gleichen Rechte wie ein „Normalbürger“?

    Darf ein Bürgermeister private Grundstücksverhandlungen führen? Zum Beispiel landwirtschaftlichen Grund erwerben in der Nähe des Ortes? Es könnte ja schließlich leicht in Baugrund umgewandelt werden mit Hilfe des Gemeinderates.

    Der Bürgermeister kann ja nicht weniger Rechte wie ein „Normalbürger haben, oder? Und doch wäre es nach meinem Gefühl nicht sauber…

    Hat ein Bürgermeister und der Gemeinderat nicht wie alle anderen Bürger auch die Pflicht, Gesetze einzuhalten? Das heißt, wenn ein „Normalbürger“ gerichtlich eine Baugenehmigung erstreitet, hat der Gemeinderat gegen gültiges Recht verstoßen.

    Und ich sage Ihnen, das passiert. Auch in der Gemeinde Eching. Wäre es da nicht klug, klare Regeln aufzustellen mit engeren Grenzen?

    Liegt ein Grundstück an einer voll erschlossenen Straße mit Wasser, Abwasser usw., hat dieser Besitzer dann nicht das Recht, zu bauen? Wäre es nicht klug, klare Regeln aufzustellen, die für jedermann gelten?

    Zum Beispiel 25 % – maximal 50 % bei sehr großen Baugrundstücken zur Umwandlung von landwirtschaftlichem Grund in Baugrund je nach Grundstücksgröße? Dann käme es nicht mehr vor, dass der eine Besitzer gar nichts abtritt und ein anderer das Echinger Modell mit 65 % einzuhalten hat.

    Ein absolut gerechtes Verfahren wird uns nie gelingen, aber ein besseres wie das jetzige Verfahren sollte uns allen am Herzen liegen. Und das dürfte keine Zauberei sein. Klare Regeln helfen auch demjenigen, der sehr nahe am Futtertrog seinen Platz hat.

    Es gibt Stabilität in der Handlung. Das verstehe ich auch als anständig!

    Georg Fütterer

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