Lesermail zum Artikel „Aufträge an Schwager ‚zum Vorteil der Gemeinde‘“

Stimmt, Herr Appel. Alle strafrechtlich relevanten Verdachtsfälle gehören ausschließlich von der Staatsanwaltschaft beurteilt und ggf. von dieser zur Anklage vor Gericht gebracht. Wie ich bereits an anderer Stelle schrieb, gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung von Sebastian Thaler für ihn selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Allerdings gibt es jenseits des Strafrechts für einen Bürgermeister noch andere Maßstäbe („Das tut man nicht“). Was Anstand, Moral und Vorbildfunktion unseres (Noch-)Bürgermeisters betrifft, so kann man jetzt schon feststellen, dass Thaler unter diesen Aspekten seinem Amt aus mehreren, konkret nachweisbaren Gründen nicht gewachsen ist.

Ich gehe fest davon aus, dass Thaler die massive öffentliche Kritik, die momentan auf ihn einprasselt, bis zum Ende seiner Amtsperiode aussitzen will, weil er andernfalls keinen Pensionsanspruch bekommt: dazu sind mindestens 8 Jahre als Kommunal-Wahlbeamter notwendig.

Warten wir also ab, zu welchem Ergebnis (besser: Ergebnissen) die Staatsanwaltschaft kommt. Danach ist ggf. die Kommunalaufsicht (in Freising) gefordert, dienstrechtliche Schritte gegen Thaler einzuleiten.

MfG
Guido Langenstück

Ein Lesermail

  1. (Achtung, Satire!)

    Leute, Leute…

    Wenn ich mir all diese unversöhnlichen Leserbriefe der letzten Wochen und Monate zu Gemüte führe: Da ist ja ein regelrechtes Kesseltreiben gegen unseren Bürgermeister im Gange. Was ist denn da los in Eching, dass sich vor kurzem sogar etliche Ehrenbürger Echings genötigt sahen, ihren wohlverdienten Ruhestandsmodus zu unterbrechen, um mäßigend in die Debatte einzugreifen?

    Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ (siehe Artikel vom 15.11.) hat sich der Hauptprotagonist doch ganz klar zu dem ihm quasi aufgedrängten Bürgermeisteramt geäußert. „Dieser Job ist alles andere als erstrebenswert, in der Privatwirtschaft hatte ich ein höheres Einkommen bei geringerer Arbeitsbelastung.“ Können wir es ihm da verdenken, falls er dann doch einmal die eine oder andere Gelegenheit genutzt haben sollte, die erheblichen finanziellen Nachteile, die dieses mit einem nur kargen Gehalt versehene Amt mit sich bringt, zu kompensieren?

    Das Ausnutzen von geschäftlichen/finanziellen Möglichkeiten, die ein politisches Mandat so bietet, ist doch beste Tradition in unserem schönen Bayernland. „Laptop und Lederhos’n!“ Welcher Ausspruch könnte besser die Symbiose, die Geschäftssinn und (politische) Kultur in barocker Manier hierzulande eingegangen sind, beschreiben? Entscheidend ist dabei ein weitreichendes Geflecht an freundschaftlichen Beziehungen, welches ein menschliches Gegengewicht zu dem bürokratischen Regelwerk an Gesetzen und Vorschriften, dem wir alle unterworfen sind, bildet. So lässt sich viel leichter über den einen oder anderen, zumeist unabsichtlich begangenen Regelverstoß hinwegsehen, insbesondere wenn dieser dem gesellschaftlichen Vorankommen dient. (Böse Zungen sprechen hier auch vom Amigo-System.)

    Trotzdem muckt der Gemeinderat immer mehr auf und nervt unseren Bürgermeister mit Prinzipienreiterei, mittlerweile tatkräftig sekundiert durch die Presse (allen voran die sonst so ausgewogene SZ) und wichtigtuerische Leserbriefschreiber.

    Wen interessiert es denn, ob unser Bürgermeister bei seinem beherzten Eintreten für die Einhaltung der Verkehrsregeln am Echinger See als offizieller Vertreter von Recht und Ordnung gehandelt hat? In dieser sog. Faustschlagaffäre zählt doch in erster Linie die gute Absicht, weswegen es auch vollkommen gerechtfertigt ist, dass die Gemeindekasse und somit der Steuerzahler für die beträchtlichen juristischen Folgekosten dieser heroischen Tat aufgekommen sind.

    Hier gilt es weiterhin, Haltung zu zeigen, auch wenn das Amtsgericht Landshut diese Aktion rechtskräftig zur Privatangelegenheit herabgewürdigt hat. Hat man etwa Andi Scheuer das Maut-Desaster übelgenommen? Natürlich nicht. Wer konnte schließlich vorausahnen, dass der Europäische Gerichtshof entgegen der juristischen Einschätzung im Verkehrsministerium urteilen würde?

    Auch die Vergabe von gemeindlichen Aufträgen in die immer noch strukturschwache Oberpfalz ist doch höchst lobenswert. Da finde ich es schon arg kleinlich, nachzufragen, ob vergaberechtlich alles mit rechten Dingen zugegangen ist oder sogar Vorteilsnahme im Spiel war. Und das ganze Theater nur, weil rein zufällig der Schwager von Herrn Thaler mehrfach den Zuschlag bekommen hat.

    Und der Wohnungskauf? Auch diese Angelegenheit wird doch nur unnötig aufgebauscht. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Geschichte wie folgt zugetragen hat: Herr Thaler ist erst im Zuge seiner Wahl zum Bürgermeister nach Eching gezogen. Da war es schon wichtig, dass er als primäre Respektsperson am Ort vom Immobilienbesitz her wenigstens halbwegs mit den Alteingesessenen mithalten kann. Die hätten ihn ja sonst als Habenichts schief angesehen.

    Der besagte ASZ-Insasse und Verkäufer der Immobilien hat dieses Dilemma als CSU-Mitglied und somit politisch Versierter trotz seines hohen Alters scharfsinnig erkannt und wollte unserem Bürgermeister kurz vor seinem Ableben ganz einfach aus der Patsche helfen. Also hat er ihm die beiden Immobilien unter Berücksichtigung der finanziell beschränkten Möglichkeiten des relativ frisch Gewählten zu einem Sonderpreis verkauft.

    Immerhin hat Herr Thaler dank seines ausgeprägten politischen Instinkts vorausgeahnt, dass der politische Gegner jeden noch so nichtigen Anlass dazu missbrauchen würde, seinen Ruf zu beschädigen. In der „Faustschlagaffäre“ hat er daher frühzeitig juristischen Beistand gesucht, um mit Hilfe einer Verschwiegenheitsverpflichtung zu verhindern, dass Mitglieder des Gemeinderats aus fragwürdigen Motiven heraus Details ausposaunen, die die Echinger Bevölkerung nur irritieren würden.

    Auch bei dem Wohnungskauf ist er, wie man der Presse entnehmen konnte, äußerst diskret vorgegangen, damit ja kein falscher Eindruck entsteht. Ähnlich diskret hat übrigens auch die Firma seines Schwagers das Impressum der gemeindlich beauftragten Druckerzeugnisse gestaltet, indem der Hinweis auf die verantwortliche Druckerei vorsichtshalber weggelassen wurde. Außerdem durfte einen der Aufträge an seinen Schwager laut SZ schließlich die Zweite Bürgermeisterin unterzeichnen, um jeglichem Verdacht von Vetternwirtschaft von vornherein den Boden zu entziehen.

    Wie sich leider herausgestellt hat, waren all diese präventiven Schutzmaßnahmen nicht ausreichend. Seit Mitte des Jahres ermittelt sogar die Staatsanwaltschaft strafrechtlich gegen Herrn Thaler, wahrscheinlich angestachelt durch die politische Opposition. Und die Speerspitze der Kritiker bildet ausgerechnet die CSU, die das Amigo-System doch erfunden hat.

    Aber ich hatte so ein Szenario schon befürchtet, nachdem mit Dr. Markus Söder ein fränkischer Protestant zum Bayerischen Ministerpräsidenten gewählt worden war. Jetzt gebärden sich plötzlich viele (auch katholische!) Parteigänger der CSU wie Tugendwächter einer calvinistischen Republik. Inzwischen sehen sich selbst verdiente politische Persönlichkeiten wie Alfred Sauter, der sich während der Corona-Krise im Rahmen der Maskenbeschaffung aufopferungsvoll für die deutsche Volksgesundheit eingesetzt hat, der Strafverfolgung ausgesetzt. Das ist Verrat an den Grundsätzen, die Bayern großgemacht haben. Unter Franz Josef Strauß hätte es so etwas nicht gegeben. Und nun droht auch unser geliebter Bürgermeister Opfer dieser unseligen Entwicklung zu werden. Wenn das so weitergeht, wird es bald eine #MeToo-Bewegung ganz anderer Art in Bayern geben.

    Aber als ob das alles nicht schon genug wäre… Inzwischen wenden sich sogar eingefleischte Parteigänger der sogenannten bunten Koalition vorsichtig vom „Sebastian“, wie ihn seine Vertrauten liebevoll nennen, ab. Einer schwadronierte jüngst davon, dass Herr Thaler bei der nächsten Wahl als Quittung für sein Verhalten ja abgewählt werden könne, wenn der Wähler dies für angemessen halte.

    Das ist schier unfassbar. Dieser Mann, der in einem selbstlosen Akt das nach dem Rückzug von Josef Riemensberger verwaiste Bürgermeisteramt in Eching übernommen hat, befindet sich in der Blüte seines Lebens und könnte somit noch viele Jahre unsere Gemeinde entscheidend prägen. Wollen wir ihm und uns diese Chance nur wegen ein paar möglicher Petitessen (die Deutsche Bank nennt so etwas Peanuts, Alexander Gauland Vogelschisse) verwehren?

    Nachdem der Weihnachtstrubel wegen der Corona-Krise praktisch abgesagt wurde, eignet sich die „stade Zeit“ jetzt umso mehr dafür, sich diese Frage durch den Kopf gehen zu lassen. Und bedenket dabei: Früher war Schlitzohrigkeit eine hochgeschätzte Charaktereigenschaft in Bayern, welcher durch die Äußerung „A Hund is a scho!“ der ultimative Respekt entgegengebracht wurde.

    Somit bleibt mir nur noch, Euch allen einen besinnlichen (Rest-)Advent zu wünschen!

    Thomas A. Heidler

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