Lesermail zum Artikel „Verfahren zum Wohnungskauf eingestellt“

Liebe Frau Schwab,

ich habe vor einigen Tagen in Wikipedia die Vita von Ingrid Matthäus-Maier nachgelesen, nachdem sie mir sehr positiv in der Talk-Show von Anne Will aufgefallen ist. Diese „Grand Dame“ der Politik war ursprünglich FDP-Mitglied und hat nach dem Kurswechsel der FDP zu Beginn der Ära Kohl die Partei verlassen und ist der SPD beigetreten. In diesem Zuge hat sie vorrübergehend ihr Bundestagsmandat abgegeben, welches sie ja für die FDP errungen hatte und ihr damit nach ihren eigenen Wertmaßstäben nicht mehr zustand.

Das muss man sich mal vorstellen. In heutigen Zeiten wäre so ein beispielhaftes Verhalten undenkbar. Da kleben unsere Mandatsträger förmlich an ihren Sesseln. Dabei steht die Sicherung der mit dem Mandat verbundenen Privilegien, insbesondere auch die üppige Pension, im Vordergrund. (Auch wenn Herr Thaler „rumheult“, dass er ja viel zu wenig verdient. So wenig, um sich stante pede einen angemessen bezahlten Job in der freien Wirtschaft zu suchen, ist es dann doch nicht.)

Und die Parteien begünstigen dieses Gebaren, indem sie großzügig über Verfehlungen, wie beispielsweise erschwindelte Doktortitel, hinwegsehen. Wahrscheinlich weil sich „sündige“ Gefolgsleute leichter auf Linie bringen lassen. Heutzutage steht nämlich vor allem die richtige „Haltung“ im Sinne der Parteidoktrin im Vordergrund. Hingegen werden unbequeme Geister früher oder später weggebissen. (Siehe der Parteiausschluss von Thilo Sarrazin, übrigens der einzige Berliner Finanzsenator, der einen Überschuss während seiner Amtszeit produziert hat. Heute versinkt unsere Bundeshauptstadt unter der Ägide der Haltungs-Politiker mehr und mehr im Chaos.) So braucht man die eigene Komfortzone nicht zu verlassen und muss sich auch nicht ernsthaft mit den Argumenten der wenigen noch vorhandenen Freidenker (aus gegebenem Anlass vermeide ich hier das Wort Querdenker) auseinandersetzen.

Auch die Bunte Koalition wird eisern an ihrem Frontmann festhalten und großzügig über seine Verfehlungen hinwegsehen, solange er politisch in ihrem Sinne handelt. Zudem sind aus ihrer Sicht die Verfehlungen schließlich gar keine Verfehlungen, sondern werden nur durch ehrabschneidendes Dreckwerfen seitens des politischen Gegners zu solchen hochstilisiert.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas A. Heidler

Ein Lesermail

  1. Lieber Herr Heidler,

    die Frage, warum sich unser Bürgermeister keinen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft gesucht hat, bei dem er viel mehr als das mickrige Bürgermeistergehalt verdient, stellen sich in der Tat sehr viele Bürgerinnen und Bürger. Gibt es für ihn vielleicht keinen Job, bei dem er netto (Beamte haben ja bekanntlich deutlich weniger Abzüge als Angestellte in der freien Wirtschaft) mehr verdient?

    Ich stimme Ihnen bezüglich Ihrer These zur Bunten Koalition vollkommen zu. Auch ich als ehemalige Wählerin einer der Parteien der Bunten Koalition und viele Personen in meinem Bekanntenkreis mit der selben (ehemaligen) politischen Einstellung bemerken, dass der Finger lieber auf den politischen Gegner gezeigt wird, als vor der eigenen Haustüre zu kehren. Mit dieser Strategie schaden sich die Bunten nur selbst und dies von Tag zu Tag mehr. Die Bunte Koalition will sich wohl der Umfragewerte der Koalition auf Bundesebene anschließen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Heidi Schwab

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