Lesermail zum Artikel „Auch vergünstigt ist Bauen schwer“

Reichheimischenmodell.

Ständig denke ich, ich wache auf und diese riesengroße Satire war nur ein böser Traum.

Und dann versinke ich mal wieder in einem Tagtraum: Herr Thaler beraumt ein Zoom-Meeting ein und ruft mit einem schelmischen Lachen: „April, April, da ist euch aber ordentlich der Arsch auf Grundeis gelaufen, gelle? Na, so können wir das natürlich nicht machen. Das ist schließlich ein Einheimischenmodell. Das soll ja sozial und fair sein und Einheimischen mit nicht soviel Asche Wohnraum verschaffen, gerade jungen Familien mit kleinen Kindern und sozialen Berufen, bei denen nicht soviel rumkommt. Da können wir ja jetzt nicht nach Jahren Rumvertrösterei sagen: Hey, ist mir doch Rille, dass ihr jetzt alle 750.000 Euro für ein Haus ohne Grund hinlegen müsst und verstörend hohe Zinsen zahlen müsst. Da knöpfen wir euch doch monatlich nicht auch noch 500 Euro Erbpacht ab und erhöhen die in drei Jahren auch noch um 50 Euro. Neeeeee, das wäre ja total unsoziaaaaal.“

Ein Piepen lässt mich aufschrecken und ich werfe einen Blick auf mein Handy. Schon wieder eine WhatsApp von einer hoffentlich zukünftigen sehr netten Nachbarin: „Ne, leider nein“, lese ich da und werde traurig: „Unsere Reihe ist komplett auf dem Absprung. Schon echt enttäuschend, wenn man dem Ziel so nahe ist und man dann ’selber‘ entscheiden darf, dass es halt nicht geht“.

Tief traurig entfährt mir ein Lacher. Wer den Notar wohl bezahlt, wenn keiner kommt?

Dann erinnere ich mich desillusioniert an die Worte von Herrn Fischböck bei der Vergabe: „Ja,dann kommen halt die Nachrücker.“ Genau, die Nachrücker. Also die mit den dicken Autos und den guten Jobs, die nicht wie mein Mann und ich frustriert durch die Mietangebote auf Immoscout scrollen, weil mein Mann halt ’nur‘ Physiotherapeut ist. Übrigens der, der dir wieder auf die Beine hilft, wenn dein Wohlstandskörper einen Hirnschlag hatte. Der, der dir den Popo abputzt oder dir zu trinken gibt, wenn mal wieder kein Pfleger kommt.

Dann entscheide ich mich mal wieder gegen Hassgefühle und google zum gefühlt tausendsten Mal nach günstigem Wohnraum in Deutschland. Da lande ich an Orten, an denen sich tatsächlich noch Fuchs und Hase ‚Gute Nacht‘ sagen und nicht der BMW und Audi-SUV. Da, wo noch Polos vor der Haustür stehen oder so ein kleiner schimmliger Seat Ibiza wie unserer eben.

Ich würde jetzt gerne schreiben ‚I have a dream‘. Aber vermutlich muss ich mich korrigieren, so wie viele andere eben auch ‚I had a dream‘.

Ich wünsche dem reichen Eching und seiner Regierung Demut und Ehrlichkeit mit sich und seinen Bürgern. Denn wenn man ein Einheimischenmodell entwirft, bei dem ein Grundstück und das dazugehörige Haus dem einer Münchner Stadtvilla mit drei Flügeln gleicht, dessen Dach man dann auch noch mit unbezahlbar viel Photovoltaik vergolden soll, dann war dieses Modell niemals für uns gedacht, sondern für die ganz ganz Einheimischen in Eching. Und das sind die Reichen.

Ich wünsche euch allen ganz viel Kraft und uns, dass ein Wunder geschieht und wir uns alle sehen. Beim Notartermin. Guts Nächtle.

Stephanie Brand

Ein Lesermail

  1. Liebe Frau Brand,

    Sie sprechen mir und wahrscheinlich sehr vielen EchingerInnen aus der Seele. Ich kann alles unterschreiben, was Sie sagen.

    Zu Ihrem letzten Absatz fällt mir nur Folgendes ein: Wunder wird es unter der jetzigen Gemeindeleitung, der jetzigen Gemeindeverwaltung und der Mehrheitsfraktion im Gemeinderat nicht geben. Für mich ist das ein Aussitz- und Bedenkenträgerverein mit einem Bürgermeister an der Spitze, der prioritär an sein eigenes Wohl und weniger ans Gemeinwohl denkt.

    Zu der von Ihnen zitierten Äußerung des Verwaltungsangestellten Fischböck kann ich nur sagen, dass so ein Satz, falls Herr Fischböck diesen tatsächlich so gesagt haben sollte (was ich Ihnen glaube), an Zynismus und Empathielosigkeit kaum zu überbieten ist. Ist ja klar: Herr Fischböck hat einen absolut krisensicheren Arbeitsplatz (für den wir, die Echinger Steuerzahler, aufkommen müssen) und muss sich um seine eigene Existenz keine Sorgen machen.

    Deshalb hoffe ich, dass bei der nächsten Kommunalwahl die Echinger WählerInnen sich genau überlegen, wo sie ihr Kreuzerl machen. Und ich hoffe, dass wir nach Thaler eine neue Bürgermeisterin oder einen neuen Bürgermeister bekommen, der sich in erster Linie fürs Gemeinwohl und weniger für seine (oder ihre) eigenen wirtschaftlichen Interessen einsetzt.

    Dieser, mit Verlaub, Saustall gehört ordentlich ausgemistet.

    MfG
    Guido Langenstück

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