In einem Bürgerentscheid bis zum 25. Juli werden die Echinger über die zukünftige Vergabe von Gemeindegrund im Wohnbaumodell befinden. Das entsprechende Bürgerbegehren mit 1002 Unterschriften ist vom Gemeinderat einstimmig akzeptiert worden. Wegen der Pandemie-Situation wird der Bürgerentscheid ausschließlich per Briefwahl stattfinden.
Die bereits angelaufene Vergabe von Bauplätzen in Eching-West und Dietersheim Süd-Ost wird abgebrochen. Rechtlich ist mit der Annahme des Bürgerbegehrens jede Handlung verboten, die im Kontext der Entscheidungsfrage steht, hier also die Baulandvergabe.
Das von der FW initiierte Bürgerbegehren hat die Fragestellung: „Sind sie dafür, dass den Bürgern bei der Vergabe von Grundstücken im ‚Echinger Baulandmodell‘ diese nicht nur ausschließlich im Erbbaurecht, sondern auch zum Verkauf angeboten werden sollen?“
SPD, Grüne und Bürger für Eching/Echinger Mitte/ÖDP, die den Grundsatzbeschluss zur Abkehr vom Grundstücksverkauf getragen hatten, haben auf das Bürgerbegehren nun mit einem Ratsbegehren reagiert. Nach ihrem Antrag soll im Bürgerentscheid als zweite Frage gestellt werden: „Sind sie dafür, dass vergünstigte Grundstücke für Eigenheime im ‚Echinger Baulandmodell‘ in Zukunft wieder ausschließlich im Erbbaurecht vergeben werden?“
Diese Darstellung der Alternative sei „nur konsequent“, begründete SPD-Sprecher Carsten Seiffert, es sei „wichtig, dass auf dem Stimmzettel nicht nur die Argumente einer Seite zu sehen sind“. Über die Einreichung dieses Ratsbegehrens hat der Gemeinderat formal noch nicht entschieden. Vor kurzem war ein Ratsbegehren gleichlautend zum Bürgerbegehren abgelehnt worden, mit dem die FW ihre Unterschriftensammlung hätten abkürzen wollen.
Bürgermeister Sebastian Thaler sagte, wenn in dem Bürgerentscheid die jetzt geltende Praxis der ausschließlichen Erbpacht bestätigt werde, könne das Vergabeverfahren sofort wieder aufgenommen werden, lediglich das Bewerbungsverfahren müsse neu gestartet werden.
Würde das Bürgerbegehren angenommen und damit wieder Grundstücksverkauf erzwungen, müsse der Gemeinderat erst konkret die Modalitäten für die anstehenden Neubaugebiete beraten und festlegen. „Dan gehe ich nicht mehr davon aus, dass wir heuer noch Grundstücke vergeben können“, sagte er. Dies werte er als „schlechtes Signal, wenn voll erschlossene Grundstücke lange liegen bleiben“.
Am Bürgerbegehren hatte es durch die Rechtsaufsicht keinerlei formelle Beanstandungen gegeben. Das erste Bürgerbegehren der Echinger Geschichte, damals zu einer Erschließungsstraße für den Echinger Westen, war aus formalen Gründen vom Gemeinderat abgelehnt worden und somit nie zu einem Bürgerentscheid gelangt.
Die FW brauchten für die Annahme des Begehrens die Unterschriften von neun Prozent der wahlberechtigten Echinger, was tagesaktuell 976 wären. Eingereicht wurden 1057 Unterschriften, von denen nach Überprüfung im Rathaus 55 als ungültig aussortiert wurden, so dass mit 1002 anerkannten Unterschriften das Limit erreicht wurde.
Einstimmig verständigte sich der Gemeinderat auch darauf, den Bürgerentscheid als Briefwahl ablaufen zu lassen. Mit den Wahlberechtigungsunterlagen wird das Rathaus gleich den Stimmzettel und das Rückkuvert versenden, Wahllokale am 25. Juli gibt es nicht.
Lieber Gemeinderat,
je mehr ich über die jeweiligen Argumente und Informationen lese und nachdenke, umso mehr frage ich mich, worum es den beiden Seiten eigentlich geht.
Ich habe nicht den Eindruck, dass die zwei Baugebiete oberste Priorität haben, sondern grundsätzliche Positionen und persönliche Werte eine größere Rolle spielen.
Ich kann die Argumentation beider Seiten nachvollziehen. Ja, Erbpacht ist ein gutes Mittel, um die Kontrolle über die Grundstücke und das Gemeinwohl zu behalten. Ja, im geplanten Haushalt fehlt ein großer Betrag und die Entscheidung, im Dezember nur noch auf Erbpacht zu setzen, kam überraschend und kurzfristig.
Ich könnte noch mehr Argumente für beide Seiten aufbringen, welche nachvollziehbar und richtig sind, aber darum geht es mir nicht.
Viele Leute haben auf diese Baugebiete gehofft und haben nun Befürchtungen, zerplatzte Träume, Ängste und viel mehr. Diese Menschen leiden unter dieser Situation, egal, ob sie die Grundstücke kaufen wollten oder sich für Erbpacht entschieden hätten.
Vielleicht ist eine komplette Vergabe in Erbpacht nicht das Richtige? Vielleicht ist eine 50:50-Vergabe genauso falsch? Aber bestimmt gibt es noch andere Möglichkeiten und wenn Sie nur ein Stück von Ihren festen Positionen abrücken könnten und aufeinander zugehen, dann wird sich bestimmt eine finden.
Ich würde mir sehr wünschen, wenn Sie noch vor dem Bürgerentscheid zusammenkommen und überlegen, wie Sie zu einer alternativen Lösung kommen können, die für beide Seiten tragbar sein könnte. Damit könnten nach dem Bürgerentscheid weitere Verzögerungen vermieden werden, falls sich eine Mehrheit der Bürger gegen eine 100-%-Vergabe in Erbpacht entscheidet.
Mit hoffnungsvollen Grüßen
Lieber Herr Seifert,
der Zug ist abgefahren und das Tempo bestimmt weiterhin der BM. Nachdem am 18.05. die ersten Unterschriften eingereicht wurden, wurde der ICE aktiviert, wohl in der Hoffnung, es gibt keine ausreichende Zahl an Unterschriften. Jetzt wieder eine Dampflokomotive (Neues Ratsbegehren) einzusetzen, kommt zu spät.
Unser Wahlversprechen Unabhängig – sachbezogen – bürgernah gilt auch für immer. Das Wahlversprechen der „bunten Koalition“, Bürgerentscheide zu akzeptieren, sehe ich nicht. Es wurde nicht nur das Ratsbegehren abgelehnt, nein, kein einziger hat sich dem Bürgerbegehren angeschlossen, also zweimal gegen einen Bürgerentscheid gestimmt. Meinungsfreiheit und Wahlfreiheit gehören zu gelebter Demokratie.
Wir freuen uns, dass jetzt die Bürger diese grundsätzliche Frage beantworten können und respektieren den Bürgerwillen.
Liebe Leser,
wenn das Bürgerbegehren erfolgreich ist, so muss doch über die Verkaufsmodalitäten nicht neu verhandelt werden. Es würde doch reichen, den Gemeinderatsbeschluss vom 18. Februar 2020 zu reaktivieren, dort wurden sowohl die Verkaufs- und Pachtgrundstücke festgelegt sowie die jeweiligen Abschläge definiert, und der Gemeinderat erteilte der Gemeindeverwaltung den Auftrag, die Vergabe zu initiieren. Oder den von den Freien Wählern im Dezember 2020 vorgeschlagenen Kompromiss?
Ich möchte gerne alle Echinger ermutigen, sich eine eigene Meinung zu bilden, hier gibt es keine einfache Antwort, denn wir leben in einer komplexen und vernetzten Welt. Die leicht verständlichen Argumente greifen oft zu kurz.
Wie kommen wir in Eching dahin, dass die Politik gute Lösungen für alle Echinger findet? Was braucht man, um in Eching würdig alt werden zu können? Wo können sich Jugendliche finden und Fuß im Leben fassen? Welche Bedürfnisse haben junge Familien mit ihren Kindern?
Ich wünsche mir eine lösungsorientierte Politik, die hinschaut und die richtigen Fragen stellt, damit sie gute Antworten für die Bürger geben kann, und bitte keine träge Bürokratie. Neulich habe ich ein Zitat gelesen: “Machen ist wie wollen, nur krasser“. In diesem Sinne machen wir was, damit Eching lebenswert bleibt.
Herzlich Jill Ellegast